Institut für Palaeoanatomie und Geschichte der Tiermedizin
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Doliche

Die Forschungsstelle Asia Minor der Universtität Münster widmet sich seit Ende der 90er Jahre intensiv der Erforschung der Altertümer rund um die antike Stadt Doliche, wenige Kilometer nördlich von Gaziantep (Südosttürkei). Seit 2001 konzentrieren sich die Untersuchungen auf die gegenüber dem Ruinenhügel von Doliche gelegenen mächtigen Dülük Baba Tepesi. Auf dessen Gipfel konnten inzwischen zweifelsfrei das Zentralheiligtum des Iupiter Dolichenus lokalisiert werden. Iupiter Dolichenus war ein im gesamten Imperium Romanum verehrter Gott des römischen Pantheon. Die Ausgrabungen zeigen aber, dass der römische Kult eisenzeitliche Traditionen fortführt, die bis ins 6./5. Jh. v. Chr. zurückreichen. Die zahlreichen Siegel heimischen, levantinischen, spätbabylonischen und achämenidischen Stils zeigen, dass dieser Kult bereits in seiner Frühzeit weit über die Grenzen der unmittelbaren Umgebung bekannt und von Bedeutung gewesen sein muß.

Seit 2007 werden auch die Faunenreste, die bei den Ausgrabungen geborgen wurden und werden, archäozoologisch erfasst und ausgewertet. Zunächst lag der Fokus auf dem umfangreichen Material aus eisenzeitlichen Fundkomplexen. Die große Menge an kalzinierten und unverbrannten Funden ermöglicht es bereits, recht detailliert die Vorgehensweisen beim Tieropfer nachzuvollziehen: Überwiegend wurden junge bis sehr junge Schafe, seltener Kälber von den Besuchern des Heiligtums auf den Berg gebracht. Die für die Gottheit ausgesuchten Tiere wurden im Heiligtum getötet, gehäutet und zerlegt. Anschließend wurde der Schlachtkörper zerteilt: Der rechte hintere Unterschenkel wurde dem Gott auf dem Altar geopfert und verbrannt, bis die Knochen kalziniert waren; die linken Vorderschlegel wurden ebenfalls entfernt und, so lassen ähnliche Befunde im heutigen Israel und schriftliche Belege in der Bibel vermuten, den Priestern als Entlohnung gegeben. Die verbleibenden Teile des Schlachtkörpers schließlich wurden für die Gläubigen als Kultmahl zubereitet. Der Vergleich mit den Opferriten, wie sie archäozoologische Untersuchungen an Fundorten in der griechischen Einflusssphäre ans Licht brachten, zeigt, dass das eisenzeitliche Tieropfer für den Gott von Doliche in seinen Grundzügen eher westsemitischen denn griechischen Charakters war.

Im Grabungsjahr 2009 wurden erstmals auch Einheiten aus römerzeitlichen Schichten untersucht, aus welchen bislang allerdings nur unverbranntes Material vorliegt. Die Analysen erwiesen jedoch, dass die eisenzeitlichen Opferregeln lediglich geringfügig abgewandelt worden waren. So scheinen nun nicht mehr speziell die linken Vorderschlegel der Schlachtkörper den Priestern gegeben worden zu sein. Den rechten hinteren Unterschenkel hingegen opferte man weiterhin auf dem Altar.

Publikation:

Nadja Pöllath & Joris Peters (im Druck): ‘Smoke on the Mountain’ – Animal Sacrifices for the Lord of Doliche. In: E. Winter (ed.), Dolichener und Kommagenische Forschungen III.